Sonntag, 7. August 2005

who the fuck is chad kroski?

sehr geehrte damen und herren von t-mobile,

gestern nachmittag erreichte ich den absoluten tiefpunkt der woche, nachdem ich vier stunden im strömenden regen stand, um haus und hof auf einem flohmarkt, komprimiert auf drei meter klapprigen tapeziertisch, an den mann zu bringen. an dieser stelle möchte ich mich noch einmal bei meinem vater bedanken, der so ausserordentlich gütig war, mir einen zweiten tisch zur verfügung zu stellen, um die verkaufsfläche zu verdoppeln. königinnen mutter wies mich darauf hin, dass der tisch vielleicht ein wenig wackelig sei. dieser brach, klebebandgestützt, nach 10 minuten ächzend zusammen, so dass sich diverser tand auf dem feuchten asphalt des supermarkt-parkplatzes ergoss. auch petrus machte mir einen strich durch die rechnung, er hielt anscheinend nichts von meinen plänen, unermesslich reich zu werden und schickte getreu dem motto "selig sind die armen, denn ihnen gehört das himmelreich" einen platzregen nach dem anderen runter, der mich unerbittlich durchweichte und mich zwang, klappkisten und umzugskartons wieder zu füllen, um unverrichteter dinge nach hause zurückzukehren, damit ich mich auswringen konnte.
warum schreibe ich ihnen das alles?

ich möchte ihnen klar machen, dass ich müde war, sehr müde, denn mein wecker klingelte um 6.00 uhr morgens (im übrigen schien zu diesem zeitpunkt tatsächlich die sonne). desweiteren war mir trotz ausgiebigem wannenbad, um regen und geldsorgen abzuspülen, immernoch kalt und ich fühlte mich nicht in der lage, wie üblich einen tee zu kochen, mir ein buch zu schnappen und mich ins bett zu verkrümeln, bis die welt wieder ein wenig freundlicher auf mich wirkte.

anstattdessen schaltete ich den fernseher ein, was ich im normalfall höchstens alle 2 wochen mache und dann grundsätzlich nur nach 20 uhr, um einen spielfilm anzuschauen, bei dem ich aller wahrscheinlichkeit nach süss und selig einschlafe. nun verfolgte ich mit stumpfen blicken irgendeinen zusammenschnitt von "top of the pops" (oh mein gott, wie tief bin ich gesunken, dass ich das hier eingestehe?) über deutsche hiphopper und hatte nicht mehr die kraft, die fernbedienung zu heben, um dem flimmernden bildschirm den elektromagnetischen gnadenstoss zu verpassen.
insofern war es unausweichlich, dass ich mit einer der werbepausen konfrontiert wurde, die in regelmässigen abständen von 15 minuten das programm unterbrechen, wobei das eine nicht unbdingt niveauvoller als das andere sein muss und mir in dem moment wirklich alles egal war.

auf diese art und weise lernte ich steve, anna und chad kroski kennen, die protagonisten ihrer web 'n-walk-kampagne und damit wären wir auch bei dem grund angelangt, warum ich ihnen schreiben möchte.
natürlich habe ich auf amazon nach dem herren kroski gesucht, denn es verwunderte mich sehr, dass ich, die im schnitt zwei bis drei romane pro woche liest und deren zweites wohnzimmer die ortseigene bücherei ist, noch nie von diesem menschen gehört habe, zumal er laut ihrer werbung als bestseller-autor tituliert wird. meine suche verlief erfolglos, so dass mir aufging, dass der herr kroski vermutlich dem gehirn eines ihrer werber entsprungen ist und somit als reale persönlichkeit nicht existiert. das ist sehr bedauerlich, weil ich mich über literarische anregungen immer ungemein freue. bei mir herrscht chronischer buchmangel, da ich gute bücher förmlich mit den augen inhaliere.

entsetzlicher als die nicht vorhandene existenz von herrn kroski, der vermutlich dafür verantwortlich ist, dass anna des nachts mit steve noch geschlechtsverkehr haben wird, bei dem sie entdeckt, dass er einen kleinen penis hat und diese tatsache durch sein intellektuelles auftreten mit einem buch unter dem arm, dass er nie gelesen hat, zu kompensieren versucht, beschäftigt mich aber die frage, was für botschaften sie den zuschauern mit ihrer werbung eigentlich vermitteln wollen?

...dass es toll ist, eingeklemmt zwischen hygieneartikelsammelbehältern und dünnen plastikwänden, hinter denen andere menschen geräuschvoll ihr geschäft erledigen und im besten falle olfaktorisch doch keine belästigung sind, weil sie sich ebenfalls auf der suche nach herrn kroski befinden, mit seinem handy im internet zu surfen?

meine damen und herren, meine toilette ist mir ein heiliger ort, ein ort der besinnung, der einkehr und des aktiven loslassens. dieser prozess wird höchstens dadurch unterstützt, dass ich mir ab und an ein wenig lektüre im "spiegel" gönne. ich will nicht auf meinem klo sitzen und besonders kool sein, weil ich jetzt wirklich überall mit dem world wide web verbunden sein kann. dasselbe gilt für öffentliche toiletten, so ein restaurantklo ist kein gemütlicher ort.

aber wenden wir uns anna zu, der es in erster linie sicherlich nicht darum ging, entspannt auf dem stillen örtchen zu surfen. die arme litt unter panischem zugzwang. das gespräch mit ihrem date steve entwickelte sich zu einer schleppenden angelegenheit. hilflose stille lauerte schon hinter der nächsten ecke, die demonstrieren würde, dass schweigen nicht immer gold ist, sondern eine unangenehme angelegenheit werden kann, bei der beide parteien verlegen auf ihren hinterteilen rumrutschen, sich verkrampft anlächeln, sich räuspern, haare um den finger wickeln oder aus dem gesicht streichen, ihre füsse betrachten, als ob sie gerade erst gewachsen sind, zigaretten angezündet werden und in halbleeren drinks gerührt wird.

aber musste anna wirklich auf toilette rennen, um herauszubekommen, was man über einen autor sagen kann, von dem man noch nie etwas gehört hat?
hätte anna nicht genauso gut steve direkt fragen können, damit das gespräch wieder in gang kommt?

anna tut mir wirklich leid, sie hat augenscheinlich ein selbstwertgefühl, dass irgendwo auf dem fussboden im dreck liegt, keinen mut zur lücke und muss beweisen, dass sie alles weiss und alles kann und das nur, um steve zu gefallen. bekommt man heutzutage nur noch einen partner, wenn man bei allem mitreden kann oder zumindest technisch so versiert ist, dass man für sein gefährliches halbwissen t-mobile geld in den rachen schmeisst, damit man so tut als ob?
und was wäre gewesen, wenn steve begeisterter fussball-fan gewesen wäre? hätte anna dann auf dem klo über ebay stollenschuhe in grösse 38 ersteigert und nebenbei alle spielbegegnungen und die torstatistiken der letzten WM auswendig gelernt?
steve hätte auch cello spielen können wie ein junger gott, dann hätte anna vermutlich einen anfängerkurs gegoogelt, damit sie in zukunft immer die zweite geige spielen kann.

wir sollen also googeln, um assimilation zu betreiben, um leere worthülsen mit wissen zu füllen, dass wir uns gar nicht aus erfahrung oder echtem interesse angeeignet haben? wir sollen dafür bezahlen, dass wir nicht mehr wir selbst sein dürfen, sondern eine fassade erschaffen, damit wir gemocht werden?

ich will aber ich selbst sein dürfen, mit all meinen stärken und schwächen, macken und fehlern, mit meinem lauten lachen, der manchmal etwas naiven ader, mit meinem wissen und meinem unwissen, ich will mehr sein als eine hülle, hinter der sich nichts verbirgt ausser einem tollen handy mit den richtigen funktionen.

in diesem sinne wünsche ich ihnen einen schönen tag, den man sich nicht ergoogeln, sondern nur selbst erleben kann.

ihre tess/ zuggermuddi

Freitag, 5. August 2005

von a nach b

bahn


drown in frustration
grau
die wolken
der himmel
die gesichter um mich herum
selbst die s-bahn-sitze
eigentlich plastik-rot, wirken wie von einem grauschleier überzogen
monotones s-bahngeratter vermengt mit den üblichen begleitgeräuschen
das rascheln einer zeitung
ein heiseres räuspern
aber kein lachen
morgens um sieben uhr dreissig fühlt sich vermutlich alles grau an
die menschen um mich herum versunken
in ihrer eigenen frustration
gesichter nur masken
mein kugelschreiber grün
die farbe der hoffnung
die rettung, dass mich dieses grau nicht erstickt
mein kopfkino
versunken darin
die flucht aus der wirklichkeit
"ich gehe in ein anderes blau".




ein weiterer tag
in der folge endloser tage
kurz vor irgendeiner station
der zug ruckelt
hält
eine stimme aus dem lautsprecher:
"sehr geehrte fahrgäste, wir bitten um ihr verständnis
ein baumstamm versperrt die schienen und muss zuerst von der feuerwehr geräumt werden
die weiterfahrt verzögert sich vermutlich um ca. 15 minuten
bitte haben sie geduld"
aufgeregtes gemurmel
unzufriedenheit macht sich breit
man kann die anspannung der mitfahrer fast körperlich spüren
keine zeit, keine zeit
keine geduld
keine spannung
nur anspannung
wir müssen weiter, immer weiter
ich grinse
das bringt alle bestimmt voll auf die palme
die palme
ich schliesse die augen
sehe sie förmlich vor mir
die palme
wie sie quer über den schienen liegt
und direkt neben den gleisen
strand
reggae-klänge, die der wind herüberweht
eiswürfel, die in coktailgläsern schmelzen
am liebsten würde ich die notverriegelung öffnen
und aussteigen
die schuhe und die strümpfe gleich auf dem sitz zurücklassen
aber auch ich muss weiter
immer weiter.



da ist dieses mädchen
jeden morgen steigt sie zwei stationen nach mir ein
immer trägt sie eine sonnenbrille
jeden tag
egal ob sonnenschein oder regen
vermutlich würde selbst ein schneesturm sie nicht davon abhalten
ihre brille abzusetzen
heute habe ich sie das erste mal unverblümt angestarrt
gleich nachdem sie eingestiegen ist
sie lächelte
ich zog die augenbrauen hoch
tippte auf meine augen
sie lächelte wieder
nickte
und nahm die brille ab
für 3 sekunden
bevor sie ihr gesicht wieder in ein undurchdringliches geheimnis verwandelte
ihre augen sind blau.




die türen öffnen sich zischend
leute steigen aus
andere ein
ich döse, bin im halbschlaf
öffne die augen
als das plastikpolster
auf dem ich sitze quietscht
weil sich jemand neben mich setzt
ich traue meinen augen kaum
es ist der osterhase
schnaufend setzt er einen grossen korb ab
in dem sich lauter schokoweihnachtsmänner befinden
meine fragenden blicke animieren ihn zu einem monolog:
"ja, mann, jedes jahr dasselbe spiel, ostern längst vorbei
alle kids abgefüttert mit unmengen an kalorien
karies lässt grüssen
adipositas vorprogrammiert
und trotzdem same procedure as every year, alder
die schokoladen-industrie checkt es einfach nicht
überproduktion
eier, die keiner haben will und die auch bei 50% rabbat zum echten ladenhüter werden
verzweifelte marktleiter, die mir das zeug einfach vor die tür schütten
da hab' ich mir doch glatt diese weihnachtsmann-schoko-presse organisiert
aus dem katalog
ein echtes schnäppchen, das kann ich dir flüstern
eine heidenarbeit
aber besser als das zeug verkommen zu lassen
bis oktober habe ich den kram meist verkauft und die abteilung "nordpol"
übernimmt das geschäft."
eine monotone stimme kündigt die nächste station an
der osterhase winkt mir nocheinmal mit beiden hasenohren
und hoppelt davon
aus der tür heraus
und verschwindet in der menge.




"wenn ich gross bin, werde ich feuerwehrmann, dann fahre ich das rote feurwehrauto
mit viel tatütata und düse um alle ecken."
"wenn ICH gross bin werde ich astronaut und fliege zum mars
da sage ich dann den marsmännchen guten tag und aufwiedersehen
und flieg' dann in meiner rakete wieder nach hause"
"aber ich werde polizist, wenn ich gross bin, dann fange ich alle verbrecher
und sperre sie bei mama und papa im keller ein"

kinderstimmen dringen in meine kleine welt
beim letzten halt der s-bahn
ist eine kindergartengruppe eingestiegen
die kleinen menschen wuseln durch die gänge
klettern sitze rauf und wieder herunter
bohren in der nase
planen mit kindlichem eifer ihre zukunft

mit sechs jahren stehen einem noch alle türen offen
das leben ist eine grossartige sache, die es zu entdecken gilt
jeder tag hält neue überraschungen bereit
hinter jeder ecke warten neue abenteuer

ich weiss noch genau
wie mein onkel mir zum sechsten geburtstag die carrera-bahn schenkte
stundenlang fuhren wir wettrennen
und immer liess er mich gewinnen
ich fühlte mich grossartig
ich war der schnellste
ich hörte die zuschauer jubeln
stand auf imaginären siegertreppchen
und liess mir loorbeerkränze um den hals hängen
ich war kool, mann!
und eines war absolut klar:
wenn ich gross wäre, wollte ich rennfahrer werden.
damals lag die zukunft noch vor mir und wollte gelebt werden
heute ist sie vergangenheit
und ich bin auf dem weg
ich bin kein rennfahrer geworden
aber immernoch höre ich die jubelschreie
das röhren der motoren
wenn ich die augen schliesse.




ein kleiner sossenfleck
lächelt mich an
rechts oberhalb meines linken kniees
auf der jeans
die achtlos in die ecke geworfen wurde
als die nacht und die bettdecke
sich über uns legte
und die dunkelheit uns verschlang
ich mich in ihr verlor

für einen moment verschwimmen die menschen um mich herum
ich sitze nicht mehr hier in der bahn
plastik wird zu holz
grelle morgensonne zu kerzenschein
der unsere gesichter in sanftes licht hüllt
ihr mund
der unentwegt lächelte
während sie ihr quiche lorraine in kleine stücke zerteilte
worte, die an bedeutung verloren
weil die blicke für sich sprachen
meine hände, die zitterten
nicht mehr kool sein
nicht mehr gefasst
und dann die gabel
die mir aus der hand glitt
und diese erinnerung hinterliess.




"je ne peux pas vivre sans ma radio
mon transistor j'adore" (stereo total)

jeden morgen das gleiche spiel
der kampf
um ein paar minuten
die schneller als sekunden zerfliessen
mein radio und ich
eine hass-liebe
ich kann nicht mit
ich kann nicht ohne
leben
schlafen
wie oft musste es unter meinen schlägen leiden
um dann am nächsten morgen
stoisch und mit unbeugsamer treue
wieder um 6.30 uhr seine melodien erklingen zu lassen
ich bettele, verhandele
noch fünf minuten
bitte
eine gnadenfrist
und bekomme sie jedesmal
bin fast versöhnt
träge
warm
zurück
im traum
bis es unerbittlich erneut
sein grausames tagewerk verrichtet

in den leisen abendstunden
betrachte ich es zärtlich
es wiegt mich in den schlaf
unterhält mich
wenn die langeweile mich zu ersticken droht
ist für mich da
mein freund.




und wir kaufen, kaufen und kaufen
im vorbeigehen
das brötchen beim bäcker (ich war zu faul mir ein brot zu schmieren)
die cola am kiosk (wasser hätte es auch getan)
die zeitung (gefüllt mit nichtssagenden schlagzeilen und halbwahrheiten)
kaufen
mitnehmen
im laufschritt
die fahrkarte am automaten (die monatskarte grinst vergessen und verächtlich auf dem küchentisch)
kaufen
zigaretten (ich wollte gestern aufhören, nein, morgen, mal sehen)
kleingeld
scheine
kaufen
nur schnell
das geld kommt aus der wand
in mein portmonaie
nur ein kurzer zwischenhalt
auf dem weg aus meiner hand
in andere hände
automatenschlitze
die gefüttert werden wollen
hungrig nach mehr
ich habe mehr
und dann wenig
ich brauche die notbremse
die rationalität
die mich bewahrt
vor dem, was ich nicht brauche
brauche sicherheit
wo ist der automat
auf dem steht
"wir schützen sie vor sich selbst"?




sie sagte
bring' mich irgendwo hin
irgendwo
somewhere nice
eine insel
auf der wir beide
wir sein können
ohne prüfende blicke
ob wir passend sind
so sind wie wir sein sollten
sondern so sind
wie wir sein wollen
ok, sage ich
home is where our hearts are
zuhause
noch drei stationen
ihre warme hand in meiner
steigen wir aus
rennen durch den regen
der alles abwäscht
den schmutz des tages
die sorgen
verschoben auf morgen oder übermorgen
tür zu
stille
die nur uns gehört.




wanted dead or alive
sie hat mich verlassen
ist nicht mit eingestiegen
als die s-bahntüren sich öffneten
und ich meinen stammplatz
hinten links seufzend erreichte
wie schon so oft
ist einfach gegangen, wenn ich sie am nötigsten brauchte
ist zum greifen nah
um sich dann heimlich aus dem staub zu machen
wenn ich mich an sie klammere
lässt sie los
wenn ich keinen gedanken an sie verschwende
steht sie vor mir
fragt nicht, ob es gerade passt
ob ich zeit für sie habe
ob die gelegenheit günstig ist
manchmal überrennt sie mich
erschlägt mich mit ihren wirren konstrukten
und dann wieder liebe ich sie
wir umarmen uns
sie gibt mir kraft
und bringt den tag zum leuchten
meine inspiration
phantasie ist energie
zurückgekehrt
keine reue
hocherhobenen hauptes
energie
meine inspiration.




ich sitze im falschen zug
falsche linie
die falschen stationen
nur einmal nicht aufgepasst
und wieder einmal zuviel in meinen träumen verloren
habe keine ahnung, wo ich bin
und wie ich jetzt am schnellsten zurückkomme
jetzt bräuchte ich eines dieser wunderschönen mädchen
die an jeder strassenecke stehen
flyer verteilen
neue zigarettenmarken anbieten
getränke zum probieren eingiessen
überzeugende argumente für dies und das und auch jenes liefern
hilfreiche hände
wissende augen
empathische ohren
blaue uniformen sollten sie anhaben
mich an die hand nehmen
einen fahrplan in der eigenen hand halten
das agenturlogo auf die linke brusttasche gestickt
das absolution gewährt
wenn das eigene handeln
in diesem blauengrünengelbenrotenlila-liniengewirr
verloren gegangen ist.




live at the s-bahn
jeden mittwoch rockt der kerl den waggon
seine gitarre heisst erwin
er stellt sie den desinteressierten gesichtern
geduldig
und immer wieder
persönlich vor
"sie können erwin ruhig mal streicheln
er beisst nicht
der will nur spielen
und ich auch"
dann singt er von ländern
die er in seinen träumen bereist
und unter seiner brücke
wohl nie zu sehen bekommt
die schiffe, die aus dem hafen fahren
die schwalben, die gen süden ziehen
und er wäre gerne wie sie
meist reicht seine reise nur
von einer station zur nächsten
bevor er hastig ein paar cents
in seinen gitarrenkoffer stopft
gespendet von menschen
deren ohren noch nicht zu stein geworden sind
die eine schwalbe im herzen haben
wirft einen blick auf die kontrolleure
und setzt seine tour
in einer anderen u-bahn-linie fort
live
ohne netz und doppelten boden.




"bin weder fräulein, weder schön, kann ungeleitet nach hause gehen."(faust/ j.w. goethe)

ein schöner morgen
der sich über mir
über den u-bahn-tunneln
in einen noch schöneren tag verwandelt
der morgen hat es verdammt gut
eine wolke vor der sonne
macht noch lange keinen bad-hair-day aus ihm
bin ich schön?
jeden morgen spiele ich
dieses sinnlose frage-spiel
in der hoffnung
das nur ein mensch
nur ein einziger
in der grauen masse des einerleis aus mitfahrern
meine frage erahnen kann
mich anschaut
und mir durch blicke gewissheit verschafft
abgekauter daumennagel
der blöde kleine pickel
rechts neben meiner nase
die ich schon immer unbedeutend fand
das shirt
noch im halbschlaf im dunkel meiner wohnung
wahllos aus dem schrank gegriffen
ungebügelt
schönen guten morgen
du schöner tag
da hast du aber was schönes angerichtet
schön blöd
wer schön sein will, muss leiden?
in der schönen neue welt
bitteschön
dankeschön
wunderschön
bin ich schön?




"wir sind angekommen
und alles andere ist egal" (virginia jetzt!)

ich kann jederzeit aussteigen
das ist ein guter gedanke
aussteigen
ich bin auf meinem weg
alle menschen um ich herum sind auf ihrem ureigenen weg
steigen ein
steigen wieder aus
haben ihre ganz persönliche endstation
der weg ist das ziel
aber auch das ende eines weges ist ziel
stillstand ist tod
aber ankommen ist überlebensnotwendig
damit man weitergehen kann
sind angekommen
noch fünf minuten
meine hände kribbeln
mein körper hat sich in gedanken schon erhoben
den roten knopf gedrückt
der die türen öffnet
noch einmal tief durchatmen
ich bin da
das hier ist die endstation
und ein neuanfang
hier
bin
ich.



diese texte enstanden als arbeit für einen guten freund, der seine bewerbung als mediengestalter in form eines tagebuches präsentieren wollte. als grundlage dienten seine entwürfe für logos und webseiten

Sonntag, 31. Juli 2005

und wer sein auto liebt, der schiebt...

königinnen mutter hatte recht!
ich neige mein haupt in demut vor ihrer weisheit und ihrem erhobenen zeigefinger, der stets folgende worte untermalte: "kind, die anschaffungskosten eines autos sind zumeist lächerlich, die folgekosten sind der faktor, der den menschen, die mit wenig geld gesegnet sind, das genick brechen!"

ich liebe meine mutter!

und ich liebe mein auto!

ich liebe es wirklich. es ist mir stets ein treuer gefährte gewesen, trägt mich mit seinen vier rädern quer durch die republik zu meinem liebsten und anderen menschen, die mir ans herz gewachsen sind.
ich sauge es hingebungsvoll alle 6 monate, wenn mir beim öffnen der tür ladungen von leeren flaschen und dreck entgegenkommen, ich füttere es liebevoll mit super-benzin und öl, wasche es einmal pro jahr und tätschele mit dem zauberhaftesten koseworten sein lenkrad, damit es weiss, dass es zur familie gehört.

was ist schon ein lidl-ticket wert, wenn man munter mit 130 stundenkilometern von lauter musik begleitet über die autobahn rast? ja, lacht nur! ab 100 km/h auf dem tacho gerate ich in einen meedchenmässigen geschwindigkeitsrausch, ich muss mit meinem gaspedal ja auch keine fehlenden zentimeter an bestimmten körperteilen ausgleichen, jawohl.

...wenn da nicht alle 2 jahre der unselige prüfungstermin beim tüv wäre, der einem schmerzhaft bewusst macht, dass so ein auto teile hat, die im laufe der zeit dem verschleiss ausgesetzt sind.

aus diesem grund fuhr ich vor 3 wochen nichtsahnend und naiv zu einer werkstatt, um mir eine verkleidung für meinen rechten aussenspiegel zu kaufen, der mir auf einem parkplatz von einer recht kurzsichtigen dame, die auch noch hinterhältige fahrerflucht beging, abgefahren wurde. gefährliche ecken ragten aus den resten meines aussenspiegels, an denen sich ahnungslose fussgänger die eingeweide ausreissen könnten, wenn sie zu dicht an meinem gefährt langflanierten und der tüv mag nunmal keine spitzen herausragenden teile, wie mir im freundeskreis mitgeteilt wurde.

der nette verkäufer hinter dem tresen hielt einen kleinen plausch mit mir, während er im computer nach dem passenden teil suchte. ich erwähnte beiläufig, dass der tüv diesen monat fällig sei, woraufhin er freundlich seine zähne bleckte und anfing zu sabbern wie ein pawlowscher hund, der die klingel gehört hat.
"tüv? soso. wussten sie eigentlich, das UNSERE werkstatt ebenfalls den tüv abnimmt und dass WIR sogar günstiger sind, als wenn sie zum TÜV nord fahren? ausserdem schauen wir uns ihr auto gerne VORHER an und das kostet sie KEINEN cent. falls wir dann einen mangel feststellen, können wir den VOR einer prüfung beheben, so dass sie sich in jedem fall eine unnötige nachgebühr SPAREN!"

das wort "sparen" gab bei mir den ausschlag, mein gesicht verzog sich ebenfalls zu einem grinsen und auch mir lief der speichel am kinn herunter, ich witterte ein echtes schnäppchen und dachte, ich wäre aller sorgen entledigt, denn die männer vom tüv legen sich bekannterweise niemals gratis unter ein auto.

der verkäufer sah mich an wie ein wolf, der gleich das siebte geisslein verschlingen würde: "haben sie einen moment zeit? ich könnte gleich mal den meister holen, der sich ihr auto unverbindlich anschauen kann. fahren sie mal hinten auf den hof, er wird sich gleich ausschliesslich um sie und ihr auto kümmern."

gesagt, getan. fünf minuten später absolvierte ein gut aussehender jüngling mit sommersprossen einen bremstest und hievte meinen wagen hinterher auf eine hebebühne.
ein weiterer ölverschmierter mister universum im knappen blaumann gesellte sich dazu und überschlug sich fast vor begeisterung: "so ein schönes auto! wie alt war der wagen noch? 10 jahre? der sieht aber noch guuuuuuuuuuut aus!" abwechselnd warf er blicke auf den unterbau meines wagens und den oberbau meines t-shirts.
...begeistertes nicken vom sommersprossigen meister, wortlose blicke in die geöffnete motorhaube, gemurmeltes "sieht wirklich klasse aus, prima...prima!"
mein herz hüpfte vor begeisterung, am liebsten hätte ich die beiden angebettelt, dass sie mir gleich die neue plakette draufkleben, auch wenn sie nicht von der dekra sind, einfach nur weil sie mir ein so wohliges gefühl in der magengegend verschafften. im geiste rechnete ich durch, dass ich höchstens die tüv-gebühren berappen müsste und vielleicht noch ein oder zwei klitzekleine teilchen und vielleicht noch nicht mal die, wenn ich noch ein wenig mit dem popo wackeln würde und meinen männerherzen-zerschmelzen-wie-schokolade-in-der-sonne-blick proben würde.
empathisch wie ich nunmal bin, klemmte ich mich ebenfalls unter das auto und verfolgte mit interessierten blicken den strahl der taschenlampe, den mister universum und herr sommersprosse mal hier- mal dorthin schweifen liessen.

nach zwanzig minuten wurde mein opel wieder von der hebebühne runtergefahren und man bat mich durch den "nur für mitarbeiter der firma"-geheimgang nach vorne zurück in den tresenbereich. staunend passierte ich regale voller teile, von denen ich mir niemals vorstellen konnte, an welcher stelle sie in ein auto eingebaut gehören könnten. stolz erfüllte mich, dass ich nicht aussen herum gehen musste, sondern das allerheiligste der kfz-mechaniker betreten durfte. ich war ein gern gesehener gast, der nie wieder einen fuss in eine tüv-prüfstelle setzen würde, wo mir doch hier der rote teppich ausgerollt wurde.

vorne angelangt, bekam ich einen becher kaffee zugeschoben, herr sommersprosse zündete sich lasziv eine marlboro an, inhalierte tief, schaute mir in die augen und sagte: "tja, sieht ganz gut aus ihr auto, sind nur ein paar kleinigkeiten, die gemacht werden müssten. beim bremstest waren die bremsen hinten und auch die handbremse nicht in ordnung, kann sein, dass der mann von der dekra sie damit durch lässt, aber ich würde das an ihrer stelle reparieren lassen, geht ja auch um die sicherheit und lange hält das nicht mehr"
ich nickte tapfer und folgte weiterhin dem monolog: "die stossdämpfer sind ziemlich hinüber, das kann gefährlich werden" (gefährlich? was wollte mir der gute mann mitteilen?)
"der auspuff hat einen kleinen riss, nicht weiter schlimm" (puh, gott sei dank!)
"die bremsen vorne sind runter, die scheiben müssten auch mal getauscht werden......"
krampfhaftes nicken meinerseits, was blieb mir auch anderes übrig? ich war nur eine kleine, ahnungslose, inkompetente pädagogin, die gerade mal wusste, wo man das öl nachfüllen musste und oh, apropos "öl", weiter ging es mit den ausführungen des kfz-meisters: "die öldichtung ist defekt, dazu muss ich den ganzen motor auseinandernehmen, aber wenn ich grad dabei bin, könnte der keilriemen gleich mitgewechselt werden, der ist an den rändern schon sehr zerfranst...." an dieser stelle folgte eine erklärung, was alles passieren konnte, wenn der keilriemen oder der zahnriemen riess, der laut zettel im motor auch altersschwach war.
mittlerweile war mir nicht mehr nach kaffee zumute und ich musste mich sehr zusammenreissen, um nicht nach einem doppelten vodka zu fragen.
"ich werde dann mal zu meinem kollegen rübergehen, um auszurechnen, was das ganze ungefähr kosten wird, einen moment bitte!"

schweissperlen traten mir auf die stirn, zu allem übel hatte der gute mann seine schachtel zigaretten mitgenommen, so dass ich mir keine klauen konnte, um mein zerüttetes nervenkostüm zu beruhigen. der letzte schluck kaffee war genauso lauwarm wie ich mich mittlerweile fühlte, während ich auf das grausame endergebnis wartete.
in gedanken spielte ich die ganzen szenarien durch, die mir auf der autobahn passieren könnten, wenn ich nicht auf die worte des meisters hörte und mein auto vor dem zerfall retten würde. ich sah mich schon mit blaulicht in einem krankenwagen, meine abgerissenen glieder in einer kühlbox auf meinem bauch balancierend, während ein gelber engel vom adac mein auto mit grabesmiene zum schrottplatz schleppte, wo eine grosse presse nur darauf wartete einen metallwürfel aus meinem auto zu fabrizieren.
herr sommersprosse kehrte mit einem din-a-4 ausdruck zurück und teilte mir mit, dass die "kleinigkeiten" samt arbeitslohn sich auf ca. 800 euro belaufen würden, zuzüglich tüv und asu wäre man bei ca. 880 euren, ölwechsel inklusive dank defekter dichtung.
ich krallte mich nahe einer ohnmacht an der tresenkante fest, schnappte nach luft wie ein fisch auf dem trockenen, öffnete den mund, schloss ihn wieder, öffnete ihn erneut und brachte nur einen gurgelnden ton zustande: "gnaaagraaa....daaaaaaaa...."

ein eindeutiger fall von aphasie! vermutlich war seine freundin logopädin, so dass er taktisch hand in hand mit ihr arbeiten konnte. fast erwartete ich, dass er mir auf den kopf klopfen würde, um mir dann eine adresse mit ihrer praxis via visitenkärtchen in die hand zu drücken, aber anstattdessen zündete er sich in aller seelenruhe die nächste zigarette an.

ich atmete einmal tief durch und bedankte mich freundlich, sagte, dass ich mich melden würde und verliess fluchtartig den laden, noch nicht einmal das ersatzteil für den spiegel, für welches ich ursprünglich gekommen war, nahm ich mit.

abends klagte ich meinem nachbarn und vermieter mein leid, da ich wusste, dass er als kfz-mechaniker für lkws arbeitete. er klopfte mir lachend auf die schulter und meinte, dass ich mir keine sorgen zu machen bräuchte. in zwei tagen wäre die dekra wieder zu besuch in seiner firma und er würde meinen wagen einfach mal mitnehmen, das würde mich nichts kosten und dann würden wir mal weitersehen.

zwei tage später kam ich nachmittags nach der arbeit nach hause (eine liebe freundin hatte an dem tag fahrservice für mich gespielt) und fand mein auto vor meiner haustür mit einer nagelneuen tüv-plakette vor, laut tüv-bericht waren nur die bremsen hinten "grenzwertig", was anscheinend kein grund war, mein auto einer weiteren prüfung zu unterziehen. das machte dann insgesamt 86 euro tüv-gebühren und 10 euro für einen kasten bier.
na dann prost und auf die nächsten 2 jahre!

Mittwoch, 13. Juli 2005

god is in the radio

um kurz nach sechs uhr abends klingelte das telefon.
mir standen gerade die tränen in den augen. nein, ich war nicht todtraurig und ja, ich heulte trotzdem rotz und wasser, aber nicht wegen eines emotinalen sommerloches in meiner kleinen, zarten seele, sondern weil mein liebstes meeedchen und ich samt sechs kleiner monster die grillsaison eingeläutet hatten und irgendwer sich erbarmen musste, die zwiebeln für den salat zu massakrieren.
da ich weder ein loch in die wand bohren noch einen autoreifen wechseln kann, fiel konsequenterweise der umgang mit dem feuer flach, so dass grillanzünder und holzkohle in die hand meiner freundin fielen, die zwar ein meeedchen ist, aber ein wenig mehr von der do-it-yourself-und-scheiss-auf-die-männer-mentalität abbekommen hat, während ich, frau prinzessin auf der erbse und hilfe-wo-sind-die-echten-kerls, zu den niederen küchenarbeiten abkommandiert wurde.

ich angelte nach dem klingelnden mobilteil und schniefte meinen namen in den hörer, der mir vor schreck fast wieder aus der hand fiel als ich hörte, dass sich jan bastick am anderen ende der leitung befand.
jan bastick? nicht gerade so berühmt wie robbie williams oder brad pitt, keine ahnung, ob er optisch kompatibel zu seiner stimme ist, aber immerhin moderator bei radio hamburg und ausserdem in diesem moment der schlüssel zu unermesslichen reichtum. ich hatte an diesem morgen im halbschlaf die wahnwitzige idee gehabt, schnell und unbürokratisch reich zu werden und das auf legalem wege, denn auch das bank-ausrauben fällt unter die kategorie "kein-loch-in-die-wand-bohren-können-und-andere-typisch-weibliche-eigenschaften"und damenstrümpfe gehören notfalls an den fuss (zwar nicht an meinen), aber nicht übers gesicht, denn da ruinieren sie einem höchstens die frisur.

und wie wird man am schnellsten reich?
genau, man beteiligt sich an einem der unzähligen gewinnspiele, die diverse radiosender veranstalten, um "für 49 cent pro anruf aus dem festnetz der deutschen telekom" die massen zu schröpfen, die alle von dem selben gedanken beseelt sind, dass sie das glück haben, ins studio durchgestellt zu werden.
fortuna war mir an diesem morgen hold, eine zauberhafte weibliche stimme begrüsste mich und notierte namen, adresse, beruf, telefonnummer und den vierstelligen gewinncode, der bei richtigem raten zu über 18000 euren führen würde und wies mich darauf hin, dass ich im laufe des nachmittages zurückgerufen werden würde.

"im laufe des nachmittages...", enttäuschung machte sich in mir breit. bis zu diesem zeitpunkt dachte ich immer, dass man sofort ins studio durchgestellt wird, um mit den moderatoren ein nettes pläuschchen zu halten und dann souverän die kohle einzusacken, aber dieser satz konnte nur bedeuten, dass sie das vermutlich allen menschen versprachen, die mysteriöserweise doch in der zentrale des radiosenders gelandet sind.

in der regel ist es nämlich nicht so einfach, die tücken der telekom zu umschiffen:
bei einem anderen regionalen radiosender wurde ich zum beispiel zweimal mit dem von einem band gesprochenen satz abgewimmmelt, der sinngemäss so klang: "leider wurden sie nicht durchgestellt und können uns mal kräftig am arsch lecken, weil sie trotzdem wie tausende andere auch 49 cent bezahlt haben und UNS unermesslich reich machen, während sie NIEMALS irgendetwas gewinnen werden".
insofern hatte ich das versprechen der jungen dame auf rückruf bis zum abend gekonnt verdrängt, es galt paprika in stücke zu hacken und gurken in scheiben zu schneiden, da war die erinnerung an einen morgen voller hoffnung mittlerweile verblasst.

...und nun hatte ich jan bastick am telefon, der mir mitteilte, dass er gerne einen anruf mit mir aufzeichnen würde. aufzeichnen? der tod aller spontaneität wurde noch schneller als gedacht herbeigeführt, als herr bastick mir mitteile, was ich am anfang der aufzeichnung zu sagen hätte.
ich würde ein "was geeeeeeeeeeeeeeeeeht?" hören und sollte dann mit einem "was geeeeeeeeeeeht, hier ist stefanie pikl...piklnü...pikl...."- an dieser stelle verhakte sich der gute gnadenlos in meinem nachnamen und gewann somit nicht das obligatorische eis, das ich allen menschen versprach, die es schafften meinen namen abgelesen vom personalausweis oder sonst irgendeinem geschriebenen dokument, korrekt auszuspreche, tja herr bastick, dachte ich, zumindest SIE haben jetzt schon verloren.
"oke, geht gleich los" sagte herr-bastick-jetzt-ohne-gewinner-eis, ich hörte irgendein achtziger, neunziger oder zweitausender-hintergrund-gedödel, eben diese musik, die man nur erträgt, wenn man morgens vom radiowecker aus dem land der träume gerissen wird, und dann einen albernen klingelton (hier zeigen sich die grenzen eines blogs, ich könnte den ton nicht in worten beschreiben, so dermassen albern war er) samt eines recht elektronischen "was geeeeeeeeeeht" (sicherlich nicht von herrn bastick persönlich eingesprochen, ausser er hatte in den letzten 3 sekunden noch eine ordentliche ladung helium inhaliert) und wusste "aha, mein einsatz". ich meisterte meinen eigenen nachnamen glamourös und versprach mir in gedanken, dass ich eine jan-bastick-gedenk-himbeereiskugel verdrücken würde, sobald eine eisdiele meinen weg kreuzen würde.
herr bastick plauderte munter drauf los und fragte, was ich mit 20.100 euro denn anstellen würde, während ich freundlich antwortete, dass ich aufgrund meines etwas alterschschwachen opels daran denken würde, den tüv-prüfer zu bestechen, damit das auto durchkommt oder mir eben gleich einen neuen wagen leisten würde.
auf die frage hin, was für ein auto das denn sein würde sagte ich, dass die marke mir relativ egal sei, hauptsache das auto hätte vier räder (ha! eine typische meeedchen-antwort, alleine dafür hätte ich noch eine kugel himbeereis verdient). nach einigen weiteren sätzen kam dann die unvermeidliche frage, wie ich denn gerade auf DIESEN gewinncode gekommen sei, ich teilte dem guten mann mit, dass die zahlen auf weiblicher intuition basieren würden.
herr bastick meinte daraufhin: "nun, stefanie, ich halte ja nicht viel von weiblicher intuition...hehehehe (dreckiges lachen)!"
ich glaube, herr bastick hatte nicht mit meiner schlagfertigkeit gerechnet, da die meisten menschen doch etwas geplättet sind, wenn sie einen gott der radiowellen live am telefon haben. aber man muss dazu sagen, dass herr bastick einen wunden punkt getroffen hatte, mir war schon klar, dass ich den code nicht knacken würde, mir war so gut wie klar, dass dieses geld irgendeinem anderen hörer in die hände fallen würde, aber das ist noch lange kein grund, dieses machohafte gehabe raushängen zu lassen.
"watn penner" schoss es mir durch den kopf und ich antwortete: "das liegt vermutlich am fehlen des zweiten x-chromosomes".
1:0 für mich, der kommunikative ball wurde nicht nocheinmal zurückgeworfen, anstattdessen bekam ich mitgeteilt, dass mein code falsch sei.
"ach scheiss drauf" ging mir durch den kopf, das haus roch mittlerweile nach grillfleisch, die sonne schien, die kids hopsten durchs planschbecken, meine freundin winkte mir mit der grillzange, mein magen knurrte ein wenig und irgendwie war ich grad sehrsehr glücklich.
eine stunde später wurde unser gespräch im radio gesendet, wir klebten alle am küchenradio und mussten uns fast totlachen, als wir festgestellt haben, dass der herr bastick den satz mit der weiblichen intuition und meine antwort darauf gnadenlos rausgeschnitten hatte. vermutlich kratzte das doch an seiner göttlichen radiomoderatoren-ehre.
ich finde, dass ich mir dafür noch eine kugel himbeereis gönnen darf, das macht dann summa summarum...ähm....mindestens 3 kugeln, danke herr bastick!

Donnerstag, 7. Juli 2005

rettung aus dem paradies

das waren noch zeiten.
eine leicht besorgt klingende stimme ertönte, nachdem es im lautsprecher vernehmlich knackte.
und das knacken führte schon dazu, dass man sofort erkennen konnte, wer inmitten der massen, die sich durch die grossen möbelhäuser drängten, einen stammhalter oder eine miniprinzessin in die welt gesetzt hat.
besorgte blicke machten sich von bettkonstruktionen und schrankwänden los, ehefrauen traten ihren gatten fest auf den fuss, der immernoch lamentierte, warum kirschholz unter umständen vorteilhafter wäre als gelaugtes kiefernholz. sie zischte "sei doch mal leise, schatz", zwei ohrenpaare lauschten angestrengt, ob es sich um ihr kind handelte, welches dringend aus dem kinderparadies abgeholt werden wollte.
manchmal mischte sich lachen von umstehenden personen unter die freundliche lautsprecherstimme, die kuriose kindernamen offerierte.
das waren noch zeiten, als die finns und patricks, die leas und ann-sophies persönlich ausgerufen wurden. sehnsucht nach mütterlichen rotzfahnen, väterlichen händen, flucht aus bällebad und kinderkino.

vorbei die guten, alten zeiten.
gestern betrat ich eines der allseits bekannten schwedischen möbelhäuser, um mit einer freundin ein regal für die küche zu kaufen und das berühmt-berüchtigte kotbullar-wettessen zu veranstalten, aus dem ich seit jahren als ungeschlagener sieger hervorgehe.
meine vierjährige tochter zog mich aufgeregt und konsequent in richtung der bunten glaswände, hinter denen sich all die dinge befanden, die ein kinderherz höher schlagen lassen.
ein tresen trennte uns vom bunten paradies, bewacht von zwei ältlichen, graugelockten drachen, die mürrisch dreinblickend die kinder reinwinkten, welche ordnungsgemäss ihre schuhe im nummerierten schliessfach verstaut hatten, einen marienkäferaufkleber mit namen und schranknummer am pullover trugen und deren erziehungsberechtigen den korrekt ausgefüllten zettel mit adresse, telefonnummer und namen einer etwaigen begleitperson, die ebenfalls zur abholung durch unterschrift berechtigt wurde, abgegeben hatten.
ohne die mundwinkel nur einen zentimeter nach oben zu verziehen, um so die andeutung eines lächelns zu versuchen, knurrte der ältere drachen der beiden kinderparadies-bewacherinnen die schlange aus müttern, vätern und kindern an, dass ja bitte keiner vergessen solle, seine postleitzahl auf dem zettel zu vermerken, anderweitig würde man die reibungslosigkeit des ablaufes behindern. ich musste mich sehr zurückhalten, um nicht zu brüllen, dass mir klar sei, dass ein "sesam, öffne dich!" vermutlich nicht ausreichen würde, um die geheiligten hallen der plastikbälle zu betreten. dieser ausruf hätte mir nichts genützt, ein fauchen der beiden drachen hätte mich vermutlich zu heisser asche pulverisiert und ich hänge an meinem leben und möchte meine kleine nicht als waise in einem schwedischen möbelhaus zurücklassen, wo sie dann den rest ihres kurzen lebens lachs, kotbullar und waffeln essen muss und bei aufmüpfigkeit und ausreichener fleischbällchenmast letztendlich als drachenfutter endet.
der klapptresen wurde geöffnet, meine tochter entschwand, zurück blieben meine freundin, korrekt eingetragen als zusätzliche abholerin samt unterschrift, meine wenigkeit und ein drache, der mir mit schuppigen händen einen pieper in die hand drückte, der im notfall (kind vom drachen der arm abgebissen, brandverletzungen durch feuerspeien, schwefelvergiftung und andere eventualitäten) sechsmal fiepen sollte und eine nummer anzeigte, die einen zur sofortigen rückkehr in den schwedischen kinderhochsicherheitstrakt animieren sollte, wenn man sein kind lebend in die arme schliessen wollte.
ich drehte mich gerade um, liebäugelte bereits mit preiselbeersauce und mandeltorte, als ein feuriger atem mir beinahe meine nackenhaare versengte: "geben sie mir ihren personalausweis". ich leistete dieser aufforderung sofort folge. erstaunlicherweise bekam ich mein wichtigstes dokument umgehend zurück, so dass ich endlich mit meiner freundin von diesem unseligen ort entschwinden konnte.
stunden des konsum-glückes breiteten sich vor uns aus, die schlacht am buffet gewann ich erneut reibungslos, die möbelabteilung passierten wir mit dem obligatorischen sofa-test-hüpfen, schreibtischstuhl-wettdrehen, dem mittagsschlaf in allen betten und ausserdem hinterliessen wir unsere fettigen, fleischbällchenerprobten fingerabdrücke an jedem regal, was unseren weg kreuzte.
gerade gelangten wir in die kleinkramabteilung, die jedes frauenherz höher schlagen lässt, weil man IMMER irgendetwas findet, womit man seine küche oder das badezimmer noch bereichern kann, da ertönte warnend ein piepen in meiner tasche.
seufzend erklärte meine freundin sich bereit, die kleine zu retten, nahm pieper und schrankschlüssel an sich und entschwand in der menge der glücklich lächelnden konsumenten.

zwanzig minuten später kehrte sie zurück, der inhalt unseres einkaufswagens hatte mittlerweile schwindelerregende höhen erreicht, die ich weiss gott nicht länger alleine hätte bewältigen können, so dass ich froh war, dass sie mir wieder beim schieben helfen konnte.
nun, sie kehrte zurück, aber allein. kein kind an ihrer hand, dafür ein genervter blick, der mich das schlimmste fürchten liess. hatte sie zu lange gebraucht, waren die drachen hungrig geworden und hatten die kleine verspeist, in der hoffnung, dass niemand zurückkehren würde, um das kleine unschuldige mädchen aus ihren klauen zu befreien?
zu meiner erleichterung hörte ich, dass ihr das kind zwar lebend gezeigt, aber nicht ausgehändigt wurde, weil sie dreisterweise nicht bei der übergabe am anfang ihren personalausweis gezeigt hatte, anstattdessen knurrte einer der drachen hähmisch die kleine an "du kannst nicht mit deiner mutti mitgehen".
meine freundin erklärte mit todesverachtung, dass sie nicht die mutter sei, sondern dass sie auf dem abholzettel mit namen und unterschrift vermerkt sei und gerne ihren ausweis vorzeigen würde, damit die drachen verifizieren können, dass name der abholperson mit namen auf dem aufweis übereinstimmen würde.
doch alles betteln und flehen half nichts, die kleine musste in der drachenhöhle bleiben und meine freundin unverrichteter dinge abziehen.

zu diesem zeitpunkt wünschten wir uns beide einen edlen ritter zu pferde, unerschrocken, ohne furcht und tadel, der heidiheido und hoppsalla ins kinderparadies galoppieren würde, um den beiden drachen mittels seines schwertes die köpfe abzuhacken und diese auf seiner lanze aufgespiesst als trophäe zu uns zurückbringen würde, so dass wir danach alle armen kinder befreien und zu ihren sorgenzerfressenen eltern zurückbringen könnten.
von einem erneuten piepen wurden wir unsanft aus unseren heroenhaften träumen gerissen, jetzt galt es zu handeln und schweren herzens machte ich mich auf den weg,

hinter dem klapptresen stand meine tochter, die augen weit aufgerissen, als sich die drachen vor mir aufbauten und zähnefletschend erneut meinen ausweis verlangten.
panik machte sich in mir breit, hatte ich mein portomonaie nicht im einkaufswagen liegen lassen? nein, ich hatte einige scheine in die hand meiner freundin gedrückt, damit sie an der kasse zahlen konnte, mein geldbeutel fand sich nach einigem wühlen in meiner tasche und somit hatte ich die karte, die meine kleine in die freiheit führte, zum glück dabei.
schlimmer erging es einem netten vater, der von seinem sohn mit begeisterten "papa, papa!"-rufen begrüsst wurde, sein ausweis befand sich in der tasche seiner frau, die irgendwo in den weiten des möbelgeschäftes auf eine familienzusammenführung hoffte.
er musste unverrichteter dinge von dannen ziehen und auch die rufe seines sohnes erweichten die drachenherzen nicht.

ich möchte an dieser stelle betonen, dass eine gewisse absicherung seitens des möbelgeschäftes sicherlich allen zu gute kommt, denn keiner möchte, dass sein kind von jedem x-beliebigen mitgenommen werden kann, aber was die beiden drachen dort zelebrierten, ging definitiv zu weit.
ich frage mich, was passiert, wenn jemand trotz ausgefüllten zettels, piepers, schrankschlüssels und eindeutiger zugehörigkeit zum kind seinen ausweis verliert?
müssen die kleinen dann bis zur ausstellung eines ersatz-dokumentes auf irgendeinem beddinge, tromsnes, ottenby oder bangsund dahinvegetieren?

ich für meinen fall habe beschlossen, dass die kleine beim nächsten mal als ehrenmitglied in die kotbullar-wettessen-runde aufgenommen wird, eisessen bis zum umfallen inklusive.

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